Phil Klay: Wir erschossen auch Hunde

Ein weiteres Buch über den Krieg in meinem Blog – warum? Nicht nur weil es mir von einer zuverlässigen Quelle ans Herz gelegt wurde, sondern weil ich hartnäckig zu ergründen versuche, was das mit diesen Kriegen ist. Warum führen wir Menschen sie? Warum melden sich Menschen freiwillig für den Dienst an der Waffe? Warum romantisieren so viele Filme das Morden und Schlachten? Sicher nicht nur, weil die Kriegswirtschaft ein gigantischer Umsatzbringer für jedes Land ist und daher natürlich gar kein Interesse an Frieden besteht. Das allein kann es nicht sein. Mit jedem Buch komme ich der Antwort näher und entferne mich gleichzeitig weiter von ihr.

Auch für Phil Klays Erzählungen gilt beides. Er schreibt von der untersten Eben über den Krieg – von der des Soldaten, von der des Befehlsempfängers. Selbst einst im Irak eingesetzt, weiß Klay immerhin, wovon er schreibt, und benutzt seine Erfahrung als wertvollen Hintergrund für exemplarische Geschichten über zeitweilig euphorische, aber am Ende stets gebrochene Männer. Beklemmend? Ja, natürlich. Witzig? Sogar das hier und da. Haarsträubend? Definitiv, aber nicht nur wegen der sinnlosen Brutalität des Krieges, sondern auch wegen der selbst im Irak herrschenden Bürokratie, der Speichelleckerei, die einen Entwicklungshelfer dazu zwingt, Baseballtrikots in einem Land zu verteilen, in dem kein Baseball gespielt wird. Hauptsache, der Sponsor ist zufrieden und finanziert auch im nächsten Jahr wieder den Wahlkampf des Senators. Auch Krieg ist immer und zu allererst Kapitalismus und Geldwirtschaft, besonders in den USA.

Dabei verzichtet Klay auf jede moralische Folie und zeigt auch die Seiten eines Krieges, die Hollywood eher nicht thematisiert: dass es eine Einheit nur für die Beseitigung der Leichen gibt. Nicht ruhmreich, sicher nicht, aber auch notwendig. Genau wie die Adjutanten, die die nicht geringe Bürokratie und die Schriftwechsel einer Einheit im Griff haben. Und dann gibt es noch Soldaten, die nur deshalb zur Armee gehen, weil die danach, sollten sie überleben, für ihr Studium aufkommt – in einem Land, in dem sich allein die Studiengebühren auf locker 15.000 Euro summieren, oder Soldaten, die ausschließlich für psychologische Kriegsführung und das Zermürben des Feindes zuständig sind, indem sie laute US-amerikanische Popmusik spielen, Beleidigungen rufen, wobei Beleidigung fast ein zu nettes Wort dafür ist …

Das Besondere an diesen Erzählungen ist nicht nur der eindrucksvolle Inhalt, sondern auch die sprachliche Qualität, wofür Ehre auch dem Übersetzer Hannes Meyer gebührt: eindrückliche, innovative Bilder, Sätze wie geschliffene Diamanten, aber immer scheinbar mühelos komponiert.

Ein lohnenswertes Buch, zu Recht von der Presse in aller Welt gerühmt.

Über den Autor: Phil Klay (* 1983 in White Plains, NY, USA) diente von 2005 bis 2009 im U.S. Marine Corps und absolvierte von Januar 2007 bis Februar 2008 einen Auslandseinsatz als Public Affairs Officer in der irakischen Provinz Al-Anbar. Anschließend studierte er Kreatives Schreiben. Seine Kurzgeschichten und journalistischen Beiträge erscheinen unter anderem in der New York Times und dem Wall Street Journal.

Über den Übersetzer: Hannes Meyer (* 1982 in Preetz) studierte in Düsseldorf Literaturübersetzen und arbeitet als freier Übersetzer in Wuppertal. Er überträgt u. a. Christopher Brookmyre und Philip Kerr ins Deutsche.

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