Da schaffe ich nun tatsächlich noch eine Rezension, nachdem ich mich dieses Jahr aus diversen persönlichen Gründen mit der Literatur eher schwergetan habe. Und wer hat mich trotzdem zum Lesen verleitet? Die großartige Carolin Kebekus!
Ihr Buch ist eine Mischung aus persönlichen Erlebnisberichten und studienbasierter Meinung, und alles zum Thema – Obacht: Trigger – Frauen und Feminismus. Es geht zum Beispiel um die absolut unrealistischen Proportionen von Barbie und Co., um Frauenfiguren in Computerspielen und welches Frauenbild da eigentlich schon kleinsten Kindern vermittelt wird. In diesem Zusammenhang thematisiert sie auch die mangelnde weibliche Diversität. Warum gibt es immer nur eine Frauenfigur, die dann eine der drei für Frauen allgemein akzeptierten Rollen erfüllen muss: Sexbombe, Mutter, Alte? Die Schlümpfe, TKKG – weit und breit nur ein Mädchen, das sich hauptsächlich durch „Mädchen-sein“ auszeichnet und dann auch noch dümmlich, aber harmlos durch die Welt hüpft und bei jedem Problem einen starken Mann braucht, der es für sie löst. Wahnsinnig realistisch. Fragt mal die vielen (alleinerziehenden) Mütter oder Projektmanagerinnen, Ingenieurinnen, Kfz-Mechatronikerinnen dieser Welt, überhaupt alle Frauen!
Gegenbeispiel der Disneyfilm Mulan: Zugegeben, hier nimmt das Mädchen das Zepter selbst in die Hand, aber wusstet ihr, dass selbst der sprechende Drache mehr Redeanteile hat als die Hauptfigur selbst?
Es geht auch um Sexismus am Arbeitsplatz, darum, dass Quotenfrauen kein Problem wegen der mangelnden Qualifikation sind, sondern weil sich Unternehmen auf den teilweise selbst gesteckten Quoten – manche 0 %, Glückwunsch! – ausruhen. Die damit einhergehende Unsichtbarkeit von Frauen führt zu etlichen Problemen: mangelnde Vorbilder für Kinder und Jugendliche, Bodyshaming, Gender-Data-Gap, Gender-Pay-Gap, damit einhergehend später Altersarmut für Frauen. Und was ist mit der Gleichberechtigung, nicht nur auf dem Papier im Gesetz stehend, sondern in der Realität gelebt? Warum dürfen sich Impfverweigerer auf das Recht auf den eigenen Körper berufen, aber Frauen, die eine Abtreibung wünschen, nicht? Weil Frauen per se doof sind und nicht wissen, was sie wollen? In manchen Gegenden ist es schwer, überhaupt einen Arzt/eine Ärztin zu finden, die Abtreibungen vornimmt.
Es geht um die absurden Verdächtigungen, mit denen Vergewaltigungsopfer leben müssen, die es wagen, das Vergehen öffentlich zu machen und ihren Täter sogar anzuzeigen. Um #MeToo, um Frauenhass im Netz, der sich – wie der Hass im Netz allgemein – immer weiter steigert und schon kleinste Details zum Anlass haben kann. Das alles mit dem Ziel, Frauen aus dem öffentlichen Diskurs zu verdrängen. Schönstes Beispiel der letzten Zeit: die Berichterstattung über Annalena Baerbock. Man kann ja von ihr auf fachlicher Ebene halten, was man will, aber mal ehrlich: Bei ihr werden Dinge thematisiert, die bei einem Mann nicht mal ein müdes Schulterzucken hervorrufen würden. Sie spricht Englisch mit Akzent! Echt jetzt? Lieber Journalist, der du dies schriebst: Such dir ein Leben!
So, zurück zum Buch: Es geht also um viele Themen rund um Frauen, Feminismus, Diskriminierung, um die historische Entwicklung des Ganzen, angefangen bei der Bibel – herrje! –, aber auch um Lösungsansätze, was ich einen schönen Abschluss fand. Kebekus’ Forderung: Frauen müssen sich gegenseitig mehr unterstützen, mit Mentoring, Frauenclubs, Selbstverteidigung. Männer tun dies ständig, wirklich! Wenn wir Frauen das machen, reden sie uns dann ein, das wäre unfair den Männern gegenüber. Wie außerordentlich praktisch – für die Männer. Aber dass mit zweierlei Maß gemessen wird, hatten wir ja schon.
Also wer etwas für das Thema übrig hat, möge mal hier reinlesen. Viele Themen werden natürlich nur angerissen, es ist ja auch keine Studie, sondern immer noch ein „unterhaltendes“ Sachbuch, aber es gibt Literaturhinweise, wer mehr Infos möchte. Und witzig ist das Ganze allemal, es stammt ja aus der Feder der Kebekus!
Carolin Kebekus (* 1980 in Bergisch Gladbach) ist die erfolgreichste Comedienne Deutschlands und wurde sechsmal hintereinander mit dem Deutschen Comedypreis ausgezeichnet. Für ihre „Carolin-Kebekus-Show“ erhielt sie 2021 den Grimmepreis.
Mariella Tripke hat ebenfalls ein Kapitel beigesteuert. Sie ist freie Autorin und schreibt u. a. für verschiedene Comedyprogramme.
Die Illustrationen stammen vom Studio Mila.