Joshua Ferris: Männer, die sich schlecht benehmen

Höchst amüsant und ein bisschen bitter …

Die Erzählungen von Joshua Ferris, der mit seinem ersten satirischen Roman „Then we came to the end“ (Dt.: „Wir waren unsterblich“), weltweit Berühmtheit erlangte, verlangen ein bisschen Geduld mit den Protagonisten, die sich – der Titel sagt es schon – schlecht benehmen. Dabei tun die wenigstens von ihnen dies bewusst, vielmehr sind sie Gefangene ihrer selbst. Sie vergraulen mit zahlreichen Psychosen und Neurosen ihre Familien, Kinder, Ehefrauen, Freunde, Kollegen. Sie fangen an zu denken und verlaufen sich in ihrer Gedankenwelt, zweifeln an ihrem Leben, an ihren Beziehungen, an ihrer Daseinsberechtigung. Werden sie geliebt? Kann man sie lieben? Werden sie gemocht? Und da offensichtlich nein – was können sie tun, um gemocht zu werden? Sie sind zutiefst verunsichert und verstricken sich in Handlungen, die in ihrem Kopf Sinn machen,  nach außen hin aber leider gar nicht. Und so erleben wir nicht nur ihre Innensicht, sondern anhand der Reaktionen anderer auch, wie sie nach außen hin ankommen. Und das ist selten gut.

Bei manchen ist von Anfang klar, dass es nicht gut ausgehen wird, bei anderen hingegen entwickelt Ferris eine Virtuosität der Verschleierung. Er fordert den Leser ebenso wie seine Protagonisten, man muss sich einfach fragen, wohin das alles läuft. Und man ist fast immer überrascht, wenn man es dann erfährt. Fangen einzelne Geschichten noch ähnlich an (alle drehen sich ja um soziale Beziehungen verschiedenster Art), laufen sie irgendwann doch alle in verschiedene Richtungen und enden mal mit einem Knall, mal mit einem mitleidigen Lächeln. Mich beschlich gar der Gedanke, dass Ferris hier Gedankenspiele anstellt: Was passiert, wenn ein Mann das oder das macht? Wie endet es, wenn ich ihn dieses oder jenes tun, sagen, denken lasse.

So experimentell der Inhalt teilweise anmuten mag, so geschliffen ist die Sprache, stets klar und pointiert, bissig zuweilen, wenn der Erzähler viel Abstand zu seinen Figuren einnimmt, manchmal aber auch mitfühlend-verständnisvoll.

Klar ist: „Männer, die sich schlecht benehmen“ ist ein tragi-komisches Seelenwelt-Panorama moderner Männer, das seine LeserInnen mit einem Aha-Erlebnis zurücklässt.

Über den Autor: Joshua Ferris (* 1974 in Danville, Illinois, USA) studierte Englisch und Philosophie und arbeitete in verschiedenen Werbeagenturen, bevor er beschloss, einen weiteren Abschluss in Kreativem Schrieben zu machen. Sein erster Roman erschien in 24 Ländern und schaffte es auf die Shortlist des National Book Award, sein dritter Roman „Mein fremdes Leben“ sogar auf die des Man Booker Prize. Parallel zu seinen Roman veröffentlicht(e) er zahlreiche Erzählungen und Essays. Das einflussreiche Magazin The New Yorker wählte ihn auf die Liste „20 under 40“.

Über den Übersetzer: Marcus Ingendayy (* 1958 in Bonn) studierte Anglistik, Germanistik und Theaterwissenschaft in Köln und Cambridge. Auch er arbeitete als Werbetexter sowie als Reporter und wurde mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis sowie dem Helmut-M.-Braem-Übersetzerpreis ausgezeichnet.

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